Emissionsgutachten der BürgerinitiativeDie Bürgerinitiative hat ein Emissionsgutachten für das Boehringer-Projekt in Auftrag gegeben. Diesem Gutachten liegen die Eckdaten zugrunde, die Boehringer im Laufe der Zeit der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Hier die Essentials.
Krankheitskeime in goßer AnzahlDie Gefährdung geht m.E. vorrangig von dem riesigen Hochsicherheitsstall aus. Die Präsenz einer großen Anzahl von Krankheitskeimen ist hier bewußter und gewollter Dauerzustand, weswegen die Gefahrensituation eben nicht vergleichbar mit einem Bauernhof. Weltweit einmalig ist, daß Erreger innerhalb einer Großstadt auf der zweithöchsten gentechnischen Sicherheitsstufe außerhalb eines Hochsicherheitslabors in einem Hochsicherheitsstall erforscht werden. Das Austreten gefährlicher Keime ist nur gewährleistet, wenn niemand einen Fehler macht und die Abluftfilterung niemals versagt. Wenn doch etwas austritt, sind neben den Mitarbeitern der Forschungsanlage sogleich die Menschen einer ganzen Großstadt betroffen.
Gesundes Wohnen nicht gewährleistetDie geplante Anlage ist m.E. nicht genehmigungsfähig. Dabei geht es nicht nur um den Bebauungsplan, der nur aufgestellt werden darf, wenn gesundes Wohnen gewährleistet ist. Von gesundem Wohnen kann keine Rede mehr sein, wenn nebenan eine Versuchsanlage "wohnt", der das Risiko eines Austritts hochinfektiöser Keime innewohnt. Wenn das Forschungszentrum außerhalb der Stadt angesiedelt wird, können Fa. Boehringer und die zuständige Verwaltung viel besser reagieren, z.B. einen Quarantänebezirk einrichten. Auch bleibt mehr Zeit zum Reagieren. Hier im Stadtgebiet ist das Virus ruck-zuck von den Anwohnern verteilt, z.B. mit den Schuhsohlen. Forschungen mit unbekannten und gefährlichen Keimen gehören auf die Ostseeinsel Riems, die extra zu diesem Zweck von der Außenwelt abgeriegelt ist und solche Forschungseinrichtungen seit Jahren beherbergt.
Interesse der TiHoNur ein bis zwei Lehrstühle an der TiHo haben ein großes (Forschungs-) Interesse an der direkten Nachbarschaft zu Boehringer. Das kann aber nicht das Risko aufwiegen, daß den Anwohnern im Falle einer Freisetzung gefährlicher Keime droht.
Fliegen gilt als das sicherste Verkehrsmittel auf der Welt. Gleichwohl kommt es immer wieder zu Flugzeugunglücken. Das "Versagen technischer Einrichtungen" kommt als Ursache ebenso in Betracht wie menschliches Versagen, wetterbedingte Abstürze oder Anschläge durch Terroristen.
Eine Garantie kann niemand gebenDie Fa. Boehringer garantiert in ihrem offenen Brief an die Anwohner, daß gefährliche Keime die Anlage nicht verlassen können. Das ist unseriös. Eine derartige Garantie kann niemand übernehmen. Die Fa. Boehringer kann durch Einsatz technischer Mittel lediglich die Wahrscheinlichkeit verringern, daß es zu einem Austritt gefährlicher Keime kommt. Sie kann durch das mehrfache Vorhandensein technischer Einrichtungen (ähnlich wie in Verkehrsflugzeugen) lediglich dem Versagen technischer Einrichtungen entgegenwirken. Gegen die Nachlässigkeit, Vergesslichkeit oder manchmal auch die Uneinsichtigkeit von Menschen hilft das nicht - und auch nicht gegen terroristische Anschläge. Auch die nahegelegene Eisenbahntrasse stellt ein Sicherheitsrisiko für die Anlage dar: Ein entgleister Zug könnte in das Forschungslabor rauschen. Das wäre im ländlichen Raum schon schlimm genug; im Stadtgebiet wäre soetwas eine Katastrophe.
Die Fa. Boehringer beabsichtigt laut ihrem offenen Brief, dort lediglich Versuche der biologischen Sicherhetisstufe 3 durchzuführen. Die von Boehringer beabsichtigten Sicherheitseinrichtungen der Anlage - z.B. das Halten eines Unterdrucks in den Forschungseinrichtungen und das Verlassen der Anlage über Dusch-Schleusen - sind charakteristische Merkmale für Tierhaltungsanlagen der gentechnischen und der biologischen Sicherheitsstufe 4. Diese Maßnahmen zeigen gerade, daß die zu untersuchenden Keime auch nach Ansicht der Fa. Boehringer nicht so ungefährlich sein können.
Gentechnische Sicherheitsstufe 3Die beabsichtigten Arbeiten auf der biologischen Sicherheitsstufe 3 definiert Boehringer als Versuche "mit mäßigem Risiko". Zum Vergleich: Gentechnische Sicherheitsstufe 4 bezeichnet die Forschung an Erregern mit hohem Risiko. Hohes Risiko beschreibt die Fa. Boehringer in ihrem Info-Blatt als "nur Viren, Übertragung durch die Luft, Seuchenerreger, z.T. schwere Erkrankungen"). Dies sind übrigens nur die gesetzliche Definition für gentechnische Arbeiten. Details zu den Risikogruppen und Sicherheitsstufen: siehe Menuepunkt "Die biologischen Sicherheitsstufen". Beispiele für allgemein bekannte Stufe-3-Erreger: Milzbrand (Antrax) und das Aids-auslösende HI-Virus.
Stufe-4-Forschung in Hannover?Es ist auch damit zu rechnen, daß sich die Bedürfnisse der Fa. Boehringer hinsichtlich der Forschungen im Laufe der Zeit ändern können und die Fa. Boehringer bei den zuständigen Stellen die Forschung auch in der höchsten Sicherheitsgruppe 4 beantragt. Der Bebauungsplan 1708 schließt lediglich gentechnische Arbeiten auf der Sicherheitsstufe 4 aus. Versuche ohne Gentechnischen Bezug sind vom B-Plan 1708 nicht ausgeschlossen worden.
Wir Bewohner der Stadt Hannover haben allerdings gar keinen Einfluß darauf, ob eine derartige Erweiterung der Betriebsgenehmigung erteilt werden wird oder nicht. Wenn die Anlage erst einmal steht, sind vollendete Tatsachen geschaffen. Wir Anwohner können nur versuchen, gegen die Ansiedlung dieser Anlage vorzugehen - durch Überzeugung der Politiker, die wir gewählt haben und auf dem Klageweg im Rahmen des Genehmigungsverfahrens.