Ein sicheres Labor kann es nicht geben

Störfälle sind nicht auszuschließenStörfälle treten immer wieder auf; manche werden öffentlich. Wir erinnern an das Zugunglück von Eschede, bei dem der Waggon trotz defekten Radreifens auf die Reise geschickt worden ist. Oder an den Störfall im Atomkraftwerk Vattenfall in 2007. Die Behörden wurden nur kleckerweise darüber informiert.

Der Mensch als UnsicherheitsfaktorAlle Industrieanlagen sind von Spezialisten errichtet worden. Dennoch kommt es zu Störfällen. Warum ist das so? Weil kein Ingenieur, kein Konstrukteur und kein Handwerksmeister alles voraussehen kann, was passieren kann. Der wichtigste Unsicherheitsfaktor ist der Mensch, der mit der Technik richtig umgehen muß. Die Technik kann nur solchen Situationen begegnen, an die die Ingenieure vorher gedacht haben. Deshalb kann es kein sicheres Labor und auch keinen sicheren "Hochsicherheitsstall" geben.>

Einigermaßen voraussehbar und beherrschbar ist die Konstruktion von technischen Einheiten, die nicht dem Einfluß von Menschen unterliegen. Technik, die nicht dem Einfluß von Menschen unterliegt, wird hierzulande in Atomkraftwerken eingesetzt, um den größten annehmbaren Unfall - die Kernschmelze - abzuwenden. Der Mensch kann bei Betrieb des Atomkraftwerkes nicht auf die innere (dritte) Steuerungsebene zugreifen. Ihm bleiben lediglich Eingriffe auf den vorgelagerten Ebenen. Die dritte Steuerungsebene regelt allein die Steuerung der Brennstäbe. Alle technischen Gerätschaften innerhalb dieser Steuerungsebene sind doppelt oder dreifach vorhanden. Freilich kann sich bei der Wartung einer solchen Anlage ein Fehler einschleichen, der die Regelungsfunktion der dritten Ebene beeinträchtigt. Also: Auch beim Einsatz einer solchen Technik sind Fehler keineswegs völlig ausgeschlossen.

Ein "sicherer Hochsicherheitsstall" ist ein ParadoxonBeim Betrieb eines Labors ist es aber gerade umgekehrt: Mensch und Technik arbeiten unmittelbar zusammen. Die Konstrukteure der Anlage müßten jegliches Verhalten der Menschen voraussehen. Das klappt aber nicht. Wegen der Vielschichtigkeit des Lebens. In der Praxis behilft man sich mit Sicherheitsvorschriften, an die sich die Menschen (die Mitarbeiter) halten müssen. Aber da liegt das Problem. Es gibt Situationen, die es dem Menschen erschweren oder es ihm gar unmöglich machen, sich an Sicherheitsvorschriften zu halten, beispielsweise ein Anfall von Streß oder Panik infolge eines unerwartet eintretenden Ereignisses. So kommen Störfälle zustande. Fazit: Während technische Anlagen, die im Betrieb nicht dem Einfluß des Menschen unterliegen, weitgehend sicher gebaut werden können, ist ein "sicheres Labor" oder ein "sicherer Hochsicherheitsstall" ein Paradoxon.