Wieso hier auch in der höchsten Stufe geforscht werden kann

- Dieser Text ist ein Auszug aus dem offenen Brief der Bürgerinitiative an die Grünen-Ratsfraktion -

- Lesen Sie zur Möglichkeit, daß tierpathogene Keime insbesondere von Schweinen auf Menschen übergehen können unsere Rubrik "Weiterführende Links" -

Gefährung der AnwohnerDie Gefährdung der Bewohner ist keineswegs ausgeschlossen. Die Fa. Boehringer möchte hier ihr Europäisches Forschungszentrum für Impfstoffe bauen. Wenn die Schweine-Versuchsanlage erst einmal steht, müssen wir damit rechnen, daß in ihr über kurz oder lang in der höchsten Stufe geforscht werden wird, die rechtlich zulässig ist. Und das ist die Stufe 4. Warum das so ist? Weil die Fa. Boehringer genauso wenig wie wir in die Zukunft sehen kann und daher selber nicht weiß, wie sich ihr Forschungsbedarf entwickeln wird. Das hängt von der Art der zukünftigen Krankheiten ab, von Mutationen und von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, also von der Frage, ob Boehringer mit entsprechenden Forschungen Geld verdienen kann. Vogelgrippe und Aids waren ursprünglich auch nur für Tiere gefährlich. Wenn die Anlage steht, kann die Fa. Boehringer dort in der Risikogruppe 4 forschen. Solange sie dort herkömmliche Versuche mit den Krankheitserregern ohne gentechnische Veränderungen betreibt, ist keine Genehmigung nach dem Gentechnikgesetz erforderlich. Die Fa. Boehringer muß beim Gewerbeaufsichtsamt lediglich die Erlaubnis nach dem Infektionsschutzgesetz  und/oder nach dem Tierseuchengesetz beantragen. Stufe-3-Erreger sind stets mit der Gefahr schwerer Erkrankungen von Menschen verbunden, daher ist das Infektionsschutzgesetz einschlägig. Handelt es sich um einen Tierseuchenerreger, so ist das Tierseuchengesetz einschlägig. Handelt es sich um einen Tierseuchenerreger, der zugleich für Menschen gefährlich ist, sind beide Gesetze einschlägig. Die Fa. Boehringer kann die Erteilung der Genehmigung nach dem Infektionsschutzgesetz sogar beanspruchen und bei Verweigerung durch das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt auf dem Klagewege durchsetzen, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Die Fa. Boehringer muß im juristischen Sinne als zuverlässig gelten. Das ist der Fall. Und die Fa. Boehringer muß sachkundige Personen beschäftigen, die mit den Erregern hantieren. Also Biologen, Tierärzte usw. Das ist auch der Fall. Und dann kann da in der biologischen Sicherheitsstufe 4 geforscht werden, sofern die Vorgaben der Biostoffverordnung beachtet sind. Die Biostoffverordnung stellt für jede Sicherheitsstufe bestimmte Anforderungen an die bauliche Anlage und an das Verhalten der Mitarbeiter. Sie unterscheidet auch zwischen Arbeiten im Labor einerseits und Arbeiten außerhalb eines Labors (der Stall) andererseits. Das ist logisch, denn Versuche mit Pipette und Petrischale oder mit Ratten im Terrarium sind viel besser unter Kontrolle zu halten als Versuche in einem Stall, wo infiziertes Großvieh gehalten wird.

Link zur Biostoffverordnung:

http://www.gesetze-im-internet.de/biostoffv/index.html

Link zum Tierseuchengesetz:

http://bundesrecht.juris.de/viehseuchg/

Link zum Infektionsschutzgesetz:

http://bundesrecht.juris.de/ifsg/

Die baulichen Unterschiede zwischen Stufe 3 und Stufe 4 sind nicht so groß. Die geplante Schweineversuchsanlage erfüllt sogar die wichtigsten Merkmale eines Stufe-4-Labors: Die hermetische Abriegelung von Labor und Stall sowie die Dusch-Schleuse im Stall. Daß eine Dusch-Schleuse eingebaut wird, wurde übrigens erst auf dem Hearing am 24. April bekannt gegeben, in einem Nebensatz. Nachlesbar auf www.schweinerei-hannover.de im Menuepunkt "Hearing der Grünen". Lesen Sie dazu den Anhang der Biostoffverordnung, Anhang 2 fürs Labor und Anhang 3 für den Stall. Sie werden feststellen, daß der Unterschied zwischen Stufe-3-Versuchen und Stufe-4-Versuchen in erster Linie in unterschiedlichen Verhaltensregeln für das Personal besteht.

Forschung auf Stufe 3 beabsichtigt, auf Stufe 4 möglichForschungen auf Stufe 4 sind also keineswegs ausgeschlossen. Aber selbst wenn nur in Stufe 3 geforscht wird, stellt das immer noch eine Gefahr schwerer Erkrankungen für Menschen dar. Allerdings gibt es Behandlungsmethoden; bei rechtzeitiger Behandlung überleben die Menschen also. Beispiele: Milzbrand, Gelbfieber, Hepatitis. Das ist bei Stufe 4 anders: Dort sind keine Behandlungsmethoden bekannt; wer infiziert ist, erleidet erhebliche Nachteile und stirbt eventuell sogar. Beispiele: Lassa-,  Marburg-Virus.

Forschung auch an bisher unbekannten ErregernIn der Anlage soll auch an neuen, also unbekannten Erregern geforscht werden. Menschliches Versagen kann auch in der Weise auftreten, daß ein Erreger in eine zu niedrige Sicherheitsstufe eingruppiert wird.

Auf der ersten Info-Veranstaltung vom 2. April sagte einer auf dem Podium, die Biostoffverordnung sei nicht anwendbar. Das ist falsch. Selbstverständlich muß die Fa. Boehringer die Biostoffverordnung beachten, und das macht sie ja auch. Die Biostoffverordnung ist geltendes Bundesrecht. Sie dient neben dem Schutz der Arbeitnehmer, den sie primär im Auge hat, auch dem Schutz der Menschen in der Umgebung: Sie schreibt vor, daß Unterdruck in Labor und Stall herrschen muß. Das verhindert, daß etwas rauskommt. Davon haben nicht nur die Arbeitnehmer etwas. Die Aufstellung einer weiteren Verordnung, die das gleiche vorschreibt wie die Biostoffverordnung und als Schutzzweck die Nachbarschaft nennt, wäre pure Förmelei. Logisch, daß der Gesetzgeber sich eine zweite Verordnung zugunsten der Nachbarn erspart hat, denn sie werden durch die Vorgaben der Biostoffverordnung bereits geschützt.

Wegen des Risikos: die StandortfrageDieser Schutz ist natürlich nur so lange gewährt, wie der Betrieb störungsfrei läuft, also solange keine größeren technischen Probleme auftreten oder Mitarbeiter sich abweichend von den Vorschriften verhalten. Und damit sind wir bei dem Anliegen der Bürgerinitiative: nämlich der Standortfrage. Angesichts der unumstößlichen Tatsache, daß Störfälle niemals 100%ig auszuschließen sind und daß es folglich keine 100%ige Sicherheit geben kann - was unabhängig voneinander übrigens auch Boehringer und der Stadtsprecher  Herr  Sagolla öffentlich eingeräumt haben - ist es nicht vertretbar, die Schweineversuchs-Anlage mitten in bewohntes Gebiet zu setzen.

Prof. Mettenleiter vom FLI zur Laborsicherheithttp://www.stern.de/wissenschaft/natur/:Maul--Klauenseuche-Vom-Labor-Stall/594662.html: Darin äußert sich Prof. Thomas C. Mettenleiter vom Friedrich-Löffler-Institut auf der Ostseeinsel Riems: ... Wenn alle technischen Maßnahmen greifen und die speziell ausgebildeten Mitarbeiter alle Vorschriften befolgen, dürfte eigentlich nichts durchschlüpfen ... .