Einwendungen der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung

für die Einwendungsphase 22. Mai - 24. Juni 2009

Die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e.V. spricht sich eindeutig gegen den Bau der Tierversuchseinrichtung aus mit folgender Begründung:

Im Labor Boehringer sollen Impfstoffe entwickelt werden, die in der Massentierhaltung Verwendung finden. Nutztiere fristen ihr kurzes Leben zu Tausenden zusammengepfercht in düsteren Ställen ohne Bewegung und ohne Sonnenlicht. Da die Tiere durch diese Haltung immungeschwächt sind, haben Erreger in den Massentierhaltungsanlagen ein leichtes Spiel, auf einen Schlag Hunderte oder sogar Tausende von Tieren zu befallen und sich dabei selbst ständig zu verändern (zu mutieren) und an Gefährlichkeit zuzunehmen sowie gegen existierende Medikamente resistent zu werden.

Nur oberflächlich betrachtet, haben die Impfungen und andere Medikamentengaben einen Nutzen: für den Halter treten keine Verluste durch Tod der Tiere auf. Aber die Impfung hat den Nachteil, dass ein Teufelskreislauf zwischen immer noch größeren Ställen, noch miserableren Haltungsbedingungen und der künstlichen "Gesund"erhaltung der immungeschwächten Tiere auftritt. An der extrem ungesunden und unnatürlichen Lebensform der Tiere würde sich nichts ändern.

Der Ansatz ist also falsch. Wir müssen die Haltungsform der Tiere ändern.

Alle Eltern wissen intuitiv, dass Kinder Bewegung und Sonnenlicht brauchen, um gesund heranzuwachsen. Auch Tiere brauchen Sonnenlicht und einen Auslauf. So entwickeln sie bessere Abwehrkräfte und brauchen weniger Medikamente. Kleinere Herden verringern die Ausbreitung von Seuchen. Es wäre leicht möglich, mit Bio-Haltung den Fleischbedarf der Bevölkerung abzudecken, denn es wird insgesamt viel zu viel Fleisch gegessen. Das ist ungesund für die Menschen, schädlich für Klima und Umwelt und trägt wesentlich zur Verarmung der Menschen in den ärmeren Ländern bei. In unserem Land sollte die Biowirtschaft gefördert werden. Das würde im Gegensatz zu den vollautomatisierten Tierfabriken viel mehr Arbeitsplätze bringen und wir wären nicht auf Importe von Bioprodukten angewiesen.

Die Industrie will uns einreden, dass "Fleisch ein Stück Lebenskraft" sei. Es gibt hervorragende nicht- fleischliche Eiweißlieferanten für die menschliche Ernährung: Tofu und Seitan, mit denen man kreativ kochen kann. Hier schließt sich der Kreis. Es gibt also gute Gründe für das hochgradige Reduzieren des allgemein üblichen viel zu hohen Fleischkonsums. Wer weniger Fleisch isst, kann sich die geringe Menge im Regelfall aus artgerechter Tierhaltung leisten. Gesund gehaltene Tiere haben mehr Widerstandskraft gegenüber Krankheitskeimen und brauchen nur in seltenen Ausnahmen Medikamente.

Tatsächlich geht das Problem noch weit über den hier aufgeführten Rahmen hinaus. Rodungen der letzten Urwälder zur Gewinnung von Plantagen für Futtermittel, CO2-Ausstoß, Wasservergeudung, Treibhauseffekt durch Methanentstehung und die Vergeudung (bis zu 90%) der pflanzlichen Lebensmittel durch den Umweg über das Fleisch sind nur einige Stichworte in diesem Themenkomplex. Die Massentierhaltung muss auch aus diesen Gründen abgebaut werden. Die Forschung von Boehringer im geplanten Projekt ist ein kostspieliges Unterfangen in krassem Gegensatz zu den Erfordernissen der Zeit und das Gegenteil von nachhaltig.

Die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung ist - wie aus dieser Stellungnahme hervorgeht - nicht prinzipiell gegen das Impfen. Sie will aber darauf aufmerksam machen, dass man einen Missstand dort beheben muss, wo er seine Ursache hat, statt mit pharmakologischen Mitteln potentielle Gefahren zu bekämpfen, die aus abänderbaren widernatürlichen Haltungsbedingungen resultieren.

Dr.med.Friedrich und Maria Groß

AGfaN Kontaktbüro Hannover