Ihre Meinungen zum Thema

Elke Kröncke, Brief an Pastor Wohlfahrt vom 23. Juli 2008: Sehr geehrter Herr Pastor Wohlfahrt,

schon bei der Anrede stocke ich. Aus Gründen der Höflichkeit will ich Sie auch Ihnen gegenüber benutzen. Dennoch kann ich Ihnen nicht verhehlen, wie entsetzt ich war, als ich nach ein paar Tagen Urlaub die Sonderausgabe des von Ihnen verantworteten Gemeindebriefes erhielt. Er setzt wirklich allem die Krone auf, was bislang an Pastoren und Kirchenvorständen meiner Gemeinde in Sachen Boehringer geschehen ist.

Herr Pastor Stahlmann erfrecht sich, die Mitglieder der Kirchengemeinde, die Sorgen wegen des Grundstücksverkaufs an die Firma Boehringer haben, zu verspotten in einem Interview in der HAZ vom 11. Juli. Er wird dieses Interview genehmigt haben und kann sich auch nicht herausreden mit falschen Zitaten der Journalisten.

Bis heute habe ich auf meine zahlreichen Schreiben außer von Ihnen nicht eine einzige Antwort erhalten. Von keinem Kirchenvorstandsmitglied, von keinem Ihrer Kollegen.

Nun liest sich die Sonderausgabe des Gemeindebriefes wie eine Einführung in das niedersächsische Kirchenrecht. Mit keinem Wort wird von Ihnen erwähnt, warum einzelne Kirchenvorstandsmitglieder anderer Ansicht waren. Mit keinem Wort wird von Ihnen erwähnt, dass der Verkauf unter kirchlichen Interessen nicht geboten ist. Mit keinem Wort werden ethische Fragen erwogen. Mit keinem Wort wird auf die Ängste der Nachbarn eingegangen. Mit keinem Wort wird auf die direkt angrenzenden Wohnungen der Behinderten eingegangen. Mit keinem Wort wird auf die von mir gestellten Fragen des Grundstückserwerbs der Kirche eingegangen. Nichts ist im Gemeindebrief zu lesen.

In der Überschrift erlauben Sie sich zu schreiben: „Jetzt wieder volle Konzentration auf Gemeindearbeit“. Sie erwähnen im Gemeindebrief zwar die Gemeindeversammlung am 14. September. Sie erlauben sich darauf hinzuweisen, dass an diesem Tag der Gemeindeversammlung (!!) auch weitere Projekte wie Sanierungsarbeiten am Kirchendach, Neubesetzung von Küsterdiensten etc. diskutiert werden sollen.

Sie lassen aus, dass die Gemeindeversammlung nach Kirchenrecht erzwungen worden ist durch besorgte Mitglieder der Gemeinde und Unterschriftensammlungen. Sie erwecken den Eindruck, dass der Kirchenvorstand möglicherweise diese Gemeindeversammlung einberufen hat. Diese Halbwahrheit, die Sie im Gemeindebrief aussprechen ist schlimmer als alles, was bisher aus kirchlicher Feder geflossen ist, oder durch die Nichtbeanwortung von Fragen besorgter Bürger geschehen ist. Es ist einfach ungeheuerlich.

Mich bedrängen Ängste, aus welchem Grunde wohl theologisch ausgebildete Pastoren unserer Gemeinde sich zu einem solchen Tun hinreißen lassen. Ich kann und werde nicht mehr Mitglied dieser Gemeinde bleiben. Inzwischen hat mir auch der Präsident des Landeskirchenamtes meine Fragen zur Umpfarrung beantwortet, die ich direkt an ihn gestellt hatte. Von Ihnen, Ihren Kollegen und von den Mitgliedern des Kirchenvorstandes habe ich ja auch zu dieser Frage keinerlei Antwort erhalten. So musste ich mich an Dritte wenden. Vielleicht werden Sie einmal darüber nachdenklich, was Sie eigentlich tun und unterlassen.

Selbstverständlich will ich mir vorbehalten, nach der Gemeindeversammlung am 14. September auch die Evangelische Landeskirche zu verlassen, so schwer mir das fällt. Ich bin im dörflichen Bereich groß geworden und kirchlich-protestantisch erzogen worden von meiner Mutter, die jahre- und jahrzentelang im Kirchenvorstand tätig war, ebenso wie meine Schwester bis zu Ihrem Tode. Ein Austritt bedeutet für mich einen ungeheuerlichen Schritt. Vielleicht muss ich ihn aus Gewissensgründen tun und die Landeskirche als eine gesellschaftliche Organisation ansehen, aus der man ein- und austreten kann. Bislang habe ich das nicht so gesehen.

Sehen Sie es mir nach, dass ich mit grüßenden Floskeln diesen Brief nicht beenden werde.

(Elke Kröncke)